Auswanderung
Mit dem Fortschritt der Medizin und dem Verbot des fremden Militärdienstes verschlimmerte sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts der Zustand, umso mehr, als die Landwirtschaft sich noch nicht den neuen Umständen angepasst hatte und die Industrie noch in den Kinderschuhen steckte.
Es ist leicht zu verstehen, dass in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit mehrere Ortsbewohner ihre Zukunft in der Fremde suchten. Die Volkszählung von 1850 liefert uns erstmals einige Unterlagen über den Umfang der Auswanderung.
Unter den Abwesenden werden 11 erwähnt, die zwischen 1830 und 1849 nach Amerika auswanderten.
Die Not in der Heimat wuchs zusehends. Es ist bekannt, dass ab 1847 sieben Missjahre sich folgten. Die Zahl der Auswandernden nahm zu, wohl auch hervorgerufen durch die Verdienstlosigkeit und die lockeren Anpreisungen der Auswanderungsagenten. 1852 verlangte Maria Baumgartner vom Gemeinderat 125 Franken Reisegeld für sich und ihr Kind. Der Rat bewilligte ihr 100 Franken, zahlbar beim Eintreffen der Mitteilung, dass sie sich eingeschifft habe. Nach dem Wortlaut der Gemeinderatsprotokolle wurde auf einzelne Personen sogar ein gewisser Druck zur Auswanderung ausgeübt.
Selbstverständlich dürfte die Zahl der Ausgewanderten höher liegen; in den Protokollen sind nur die Namen der Personen erwähnt, die eine Unterstützung in Form von Geld oder Bekleidung verlangten.
Der Auswandererstrom verebbte um 1856. Über das geographische Ziel der Auswanderer ist sehr wenig zu erfahren. Zwei Nachrichten trafen aus Kalifornien (Goldrausch) ein, eine andere aus New Orleans und eine vierte aus New York.
Im Vergleich zu andern Gemeinden wanderten aber relativ wenig Oensinger aus, bestimmt wirkte sich die Verdienstmöglichkeit im nahe gelegenen Eisenwerk Klus günstig aus. Aus der Bevölkerungsstatistik ist immerhin zu entnehmen, dass ab 1850 die Einwohnerzahl zurückging. Sie erreichte 1870 mit 918 Personen den tiefsten Stand.
Quelle: Bruno Rudolf: 1000 Jahre Oensingen